Wir hören es immer wieder in unseren Dashboard- und Reporting-Projekten: „Das muss dann aber sexy aussehen!“. Auch der Begriff „rattenscharf“ haben unsere Kunden schon in den Mund genommen. Und dieser Wunsch kommt dann nicht etwa von seiten der Design-Abteilung sondern vom CFO oder einem anderen Executive Sponsor des Projekts. Wie soll man mit dieser Anforderung umgehen?
Zur Zeit beobachte ich zwei Lager: Auf der einen Seite gibt es da die „Ingenieure“ wie Prof. Rolf Hichert. Die von ihm begründeten International Business Communication Standards (IBCS) sind Ausdruck deutscher Präzisionsarbeit unter dem Motto von Hichert: „Every pixel has a meaning“ – vgl. dazu auch die nachfolgende Abbildung. Die möglichst effiziente und präzise Kommunikation von Sachverhalten steht im Vordergrund, rein dekorative Elemente sind nicht vorgesehen.
(Bilder werden aus Layoutgründen in diesem Blog recht klein dargestellt, für eine Vergrösserung einfach das Bild anklicken!)
Passend dazu ein kürzlich publizierter Tweet von meinem langjährigen Geschäftspartner und Freund Lars Schubert (CEO von graphomate)
Auf der anderen Seite finden sich die „Künstler“ wie Mico Yuk (CEO von BI Brainz), welche den Fokus primär auf die User Adoption legen, d.h. wie stark ein Dashboard frequentiert und tatsächlich genutzt wird. „User Adoption is the only metric that matters in Business Intelligence“ (Source). Donald McCormick von Antivia führt diesen Gedanken weiter aus: „It doesn’t matter how good a dashboard, report or visualization looks or how efficiently it conveys information if no one uses it. There’s no way you can become a data-driven organization if business people don’t want to or aren’t able to use the business information provided to them.“ (Source). Um die User Adoption Rate zu steigern sind dekorative Elemente wie Bilder, Farben, Hintergründe ein häufig eingesetztes Mittel. Ein Beispiel aus der Gallerie von BI Brainz illustriert den Unterschied zu IBCS:
Ich habe die beiden Beispiele bereits in einer früheren Publikation miteinander verglichen, es geht mir an dieser Stelle jedoch nicht um die Details der Visualisierungen sondern um den „Stil“ im Allgemeinen. Dieser Blogbeitrag zeigt aus meiner Sicht schön auf, dass die Anliegen beider Lager eine gewisse Berechtigung haben. Der Schlüssel dürfte sein: „An audience of experts will have different expectations than a general audience.“ Diesen Gedanken möchte ich mit einem Beispiel verdeutlichen:
Wenn ich eine Wohnung oder ein Haus kaufen möchte, so gehe ich möglicherweise auf eine entsprechende Website. Ganz verschiedene Objekte buhlen hier um die Aufmerksamkeit der Besucher:
Links sehe ich ein Foto, welches mir als Laie einen ersten Eindruck vom Objekt vermittelt, rechts davon einige Kennzahlen. Im Business Intelligence Jargon würde man diese vielleicht auch als KPIs (Key Performance Indicators) bezeichnen…
Interessiere ich mich für ein Objekt, kann ich weitere Details anschauen:
Wenn ich noch mehr Informationen möchte, kann ich ein Kontaktformular ausfüllen. Bevor ich nämlich das Objekt tatsächlich kaufe, möchte ich zusätzlich zu den schönen Fotos sicherlich auch gerne mal einen Blick auf die Pläne werfen und diese einem Spezialisten zeigen. Beispielhaft könnte das so aussehen:
Was ist nun der Unterschied zwischen dem Immobilienportal und dem Architektenplan? Das Immobilienportal steht im Internet und die einzelnen Objekte buhlen um Aufmerksamkeit. Zudem ist das Publikum wohl meist ein Laienpublikum – an dieser Stelle geht es lediglich darum, die wichtigsten Kennzahlen „schön verpackt“ zu präsentieren. Der Architektenplan hingegen richtet sich an ein professionelles Publikum: Architekten, Bauleiter, Immobilienspezialisten. Zudem muss ein Architektenplan nicht um Aufmerksamkeit buhlen – wer seinerseits ein Interesse an den Details eines Gebäudes hat, wird diesen „freiwillig“ zur Hand nehmen und die für eine Entscheidung nötigen Informationen entnehmen.
Der Architektenplan erinnert mich zwangsläufig an die IBCS-Standards, das Immobilienportal hat für mich mehr den Charakter des BI Brainz Dashboards. Tatsächlich stellt sich auch im Business Intelligence Umfeld die Frage, auf was für ein Zielpublikum man sich ausrichtet:
- Arbeiten wir mit professionellen Benutzern, wo man davon ausgehen kann, dass diese selbst-motiviert die für Entscheide notwendigen Informationen suchen und analysieren?
- Oder arbeiten wir mit „Konsumenten“, welche man erst mit einem hübschen Design „anlocken“ muss, so wie das Immobilienportal um Besucher buhlt?
Ohne Zweifel orientieren sich die IBCS-Standards an einem professionellen Publikum, welches sich primär für die Fakten interessiert und nicht für die Verpackung. Sind die IBCS nun aber völlig unbrauchbar in zweiterem Fall? Natürlich nicht. Die allermeisten Regeln von IBCS sind auch bei einem Gelegenheitspublikum relevant. Zu nennen sind etwa eine korrekte Skalierung, die Auswahl geeignerter Diagrammtypen oder die Umsetzung eines aussagekräftigen Titelkonzepts. Bei IT-Logix versuchen wir daher, jeweils kundenspezifisch eine bedarfsgerechte Lösung zu erarbeiten. Als IBCS Certified Provider dienen uns die IBCS dabei stets als Orientierungshilfe, nie aber ist deren Verwendung Selbstzweck.
Was ist Ihre Meinung zu diesem Thema? Welche Art von BI-Benutzern haben Sie in Ihrer Organisation? Nehmen Sie an unserem Workshop teil und diskutieren Sie mit Mico Yuk, Lars Schubert, mir und anderen Interessierten die Frage nach der Beziehung von IBCS, Corporate Design, „Dekoration“ und der User Adoption Rate von Business Intelligence Systemen:
Datum: Montag, 14. September
Zeit: 13 – 17 Uhr
Ort: Hotel Uto Kulm, Üetliberg, Zürich
Kosten: keine
Sprache: Englisch
Anmeldung oder Rückfragen: Per Email an contact@it-logix.ch – Wir freuen uns auf Ihre Kontaktaufnahme.